No. 7721

DIE  VERHANDLUNG

— == ≡ ≡ ≡ == —

Ich saß einmal bei Gerichte

und schrieb der Richterin Gedichte

Streng blickend nahm sie mein Papier entgegen,

doch bald schon begann sich ihr Gesicht zu regen

Rot lief sie an, ob sie etwa zornig sei?

— == ≡ ≡ ≡ == —

Sie rief den Gerichtsdiener herbei,

der entschwand geschwind nach hinten,

tauchte auf und hatte Taschentücher dabei;

was konnte sie nur anstößig finden?

— == ≡ ≡ ≡ == —

Die Richterin schnäuzte, rieb sich die Augen und noch schlimmer,

unterbrach die Verhandlung und bat mich ins Beratungszimmer:

Dort begann sie zu lachen und fing sich nicht mehr ein

Was schriebe ich denn für Sachen,

und es ihr zu geben wär gemein!

— == ≡ ≡ ≡ == —

Ob die Verhandlung nicht zu trocken sei, hab‘ ich sie gefragt:

„Humor ist Pflicht. Im Gerichtssaal aber nicht“, hat sie nur gesagt.

Aber schließlich war ich Schöffe; war nicht angeklagt!

— == ≡ ≡ ≡ == —

Und die Lehre aus der Misere, der Sinn der Sache:

Lerne beizeit – im Gericht regiert die Ernsthaftigkeit,

sodass weder ich – noch sonst jemand dort lache

— == ≡ ≡ ≡ == —

Aus dem Band:   Mit Gedichten Humor belichten

tredition  verlag  – –  hamburg