No. 7722

2020-05-14 - 09:35
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

DAS  NATURKIND

Ψ

Meine Mutter hat einen eisernen Bauch,

und sie dreht sich sacht im Kreise

Aber gut festhalten tut sie mich auch,

auf eine kaum spürbare Weise

Sie ist dick und kugelrund

mit einem versteinerten Gesicht

Und wie viel sie wiegt in Pfund,

das interessiert sie nicht

Sie hat eine sanfte blaue Haut,

bringt leise den Schlaf in der Nacht

Ist sie unter Spannung wird sie laut

und bebt, dass es nur so kracht

Wütend raucht sie wie ein Vulkan

manchmal für Wochen fortan

Aber sie ist eine gute Mutter,

und bleibt mir immer grün,

gibt mir stets ihr bestes Futter,

um lebendig aufzublüh‘n

Auch Bauern schätzen sie, die Verehrte,

weil sie durchweg alle Wesen mit ernährte

Ich säe und ernte durch meine Gartenerde

Habe nie gerätselt was wohl aus mir werde:

Denn meine Mutter ist die Erde!


No. 7721

2020-05-13 - 11:53
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

DIE  VERHANDLUNG

— == ≡ ≡ ≡ == —

Ich saß einmal bei Gerichte

und schrieb der Richterin Gedichte

Streng blickend nahm sie mein Papier entgegen,

doch bald schon begann sich ihr Gesicht zu regen

Rot lief sie an, ob sie etwa zornig sei?

— == ≡ ≡ ≡ == —

Sie rief den Gerichtsdiener herbei,

der entschwand geschwind nach hinten,

tauchte auf und hatte Taschentücher dabei;

was konnte sie nur anstößig finden?

— == ≡ ≡ ≡ == —

Die Richterin schnäuzte, rieb sich die Augen und noch schlimmer,

unterbrach die Verhandlung und bat mich ins Beratungszimmer:

Dort begann sie zu lachen und fing sich nicht mehr ein

Was schriebe ich denn für Sachen,

und es ihr zu geben wär gemein!

— == ≡ ≡ ≡ == —

Ob die Verhandlung nicht zu trocken sei, hab‘ ich sie gefragt:

„Humor ist Pflicht. Im Gerichtssaal aber nicht“, hat sie nur gesagt.

Aber schließlich war ich Schöffe; war nicht angeklagt!

— == ≡ ≡ ≡ == —

Und die Lehre aus der Misere, der Sinn der Sache:

Lerne beizeit – im Gericht regiert die Ernsthaftigkeit,

sodass weder ich – noch sonst jemand dort lache

— == ≡ ≡ ≡ == —

Aus dem Band:   Mit Gedichten Humor belichten

tredition  verlag  - -  hamburg


No. 7720

2020-05-13 - 11:36
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

BETREUTE   EHRLICHKEIT   BIS  HEUTE

~

Weil er die Gründe der Missstände streute

und auch deren Begründung nicht scheute,

rief er ins Mikrofon in die Zuschauermeute:

„Schuld ist doch die Dummheit der Leute!“

~

Das war nichts – was diese erfreute!

Es half wenig, dass er sofort bereute

Der Politiker wurde zur leichten Beute

Sie lynchten ihn trotz allem Alarmgeläute

~

Und welche Folge dieser Vorfall bedeutet:

Ist die politische Sprechblase – bis heute!


No. 7719

2020-05-13 - 11:17
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

HURRA  HURRA  BACTERIA

Seit Jahrmillionen ist es Brauch:

Die Bakterien lieben sich auch

tief drinnen in unserem Bauch !

Zwei Bakterien kennen sich also privat,

wollen sich vermehren, denken an Heirat

Er: wohnt als Fusobacterium nucleatum

in der Darmwindung 4 links oben im Rectum

Sie heißt: Frau Bacteria Bacteroides fragilis,

wohnt aber mitten im wandernden Schiss

Er begann sofort zu ihr hoch zu kraxeln;

denn  sie  dachten  beide  wohl  ans  Schnackseln

Und nun hängen sie aneinander, verursachen Verstopfen,

rumoren miteinander, blähen, sorgen für Herzklopfen

Der geplagte Patient nimmt die besten Abführtropfen

und beginnt sich alsdann, energisch abzuklopfen:

Trifft genau das Liebesnest und dessen Pfropfen

Es entlädt sich die Fracht mit der Wucht von Granaten

Tja – da war dann nichts mehr – mit dem heiraten!


No. 7718

2020-05-12 - 15:00
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

AUF  DER  EDELMEILE  MÜNCHEN

Sie ist kokett, adrett und nett

und süß mit Schmollemündchen

Glänzt sogar durch zu viele Pfündchen

Trägt ein keckes Kleid mit roten Bündchen

und Gassi geht sie auch manches Stündchen

mit ihrem süßen, kleinen Hüpfehündchen

Da lachen alle Hunde auf der Edelmeile München

Vor Schreck erstickt jedoch das arme Hündchen

am Batzen Foie gras im Hundeschlündchen


No. 7717

2020-05-12 - 13:55
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

R E V O L U T I O N ?

~  ~  ~  ~  ~

Ja – IM SCHUHSCHRANK !

~~~

Eine Revolution

im Schuhschrank,

die gibt es schon:

~~~

Viele „Schühchen“ sind sehr krank,

liegen im Dunkeln die ganze Saison,

bekommen niemals irgendeinen Dank

Welche Frau dankt ihren Schuhen schon?

~~~

Brav tragen sie ihre Damen,

auch bei Übergewicht und falschem Tritt,

beim Geschlurfe oder forschem Schritt

Jedes Frühjahr dann erneute Dramen:

~~~

Sie werden streng gemustert, alsdann ausgemustert!

Die Frühjahrkollektions-Kolleginnen aufgeplustert

verdrängen das illustre Stammpersonal

Alles ganz normal

~~~

Jung, sauber, noch unbenutzt, schön geputzt

Doch auch die Neuzugänge werden abgenutzt,

ausgenutzt, schlecht geputzt oder nicht benutzt

~~~

Die „Schühchen“ sind schuld beim Verstauchen,

und für nasse Füße beim Pfützen tauchen,

beim Umknicken und bei Hühneraugen,

Blasen kriegen und beim Dreck aufsaugen

Zu eng, zu hart, kein Anlass zu dem sie taugen

~~~

Und so kam es eines Tages, da fassten

die „Schühchen“ einen Plan,

und haben sich in des verhassten

Schuhschranks dunkelster Ecke zusammen getan

Ihr Frauen, ihr ahnt es sicher schon:

Die Schühchen starteten die Revolution!

~~~

Sie malten Plakate und hingen sie überall aus:

„Zurück zur Natur“ der Slogan hing an jedem Haus.

„Geht barfuß liebe Leute, denaturiert nimmer mehr“!

Das verstanden die Schuhe tragenden Leute und gingen daher

den Sommer über ohne Schuhe, nur Sandalen liefen sehr

~~~

Die alten Schühchen kamen alle in die Tonne

Und was war noch deren ersehnte Wonne?

> Licht in Freiheit ohne Schrank und Zäune <

~~~

Und so rollten sie per Tonne in die Scheune,

zu ihrem neuen Versammlungsplatz

Und blieben bei ihrem ehernen Grundsatz:

Wir wollen nie mehr weichen!

Gleichheit unter Unseresgleichen –

und um „unbeschwert“ herumzuschleichen!

~~~

Und wenn Ihr künftig Frauen barfuß gehen seht,

dann denkt daran, wie es um ihre Schühchen steht

Und  wie  gut  es  denen  heute  geht!

~  ~  ~  ~  ~


No. 7714

2020-05-11 - 11:13
© 2006-2024 Gerd Peter Bischoff

Es ist so schön

in unserem System

Und auch recht bequem:

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Man muss es nur verstehen,

folgsam seinen Weg zu gehen

~

Morgens in der Frühe aufzustehen,

zur Arbeit bis um nachts halb zehn,

danach noch ein wenig fern zu seh'n

~

Samstags neue Putz- und Kochideen,

Sonntags  locken  all  die  Stadtmuseen

~

Wie die Jahre im Sauseschritt vergeh‘n

Aber so ist das Leben bequem und schön

in unserem Konsum- und Geldsystem

(Aus der Gedichte - Werkstatt)